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Es ist spannend zu beobachten, wie Debatten sich in ihrer Argumentation verändern, die Auswirkungen aber die gleichen bleiben. Seit Frauen sich selbst Räume geschaffen haben die ausschließlich ihnen zugänglich sind, gibt es Angriffe und Versuche, diese Räume zu diskreditieren.
Das ist kein Wunder – sind es doch genau jene Räume, aus denen sich in der Geschichte feministische Errungenschaften entwickelt hatten, die wir heute vielfach als selbstverständlich erleben. Ob Frauenwahlrecht, Frauenhäuser oder der Kampf um die Möglichkeit zum Schwangerschaftsabbruch: All das war in allgemein zugänglichen Räumen immer nur politisches Nebenthema geblieben. Denn wenn Männer mitsprechen, spielen die Anliegen von Frauen nur eine nachgeordnete Rolle. Es müsse erst an dieses oder jenes andere gedacht werden, bevor wir frauenspezifische Themen angehen. So jeweils die Argumentation in politischen Räumen egal welcher Gesinnung.
Aufforderung zur Selbstbeschneidung
Auch heute spielen Frauenfreiräume eine wichtige Rolle. Sowohl politische Räume als auch Schutzräume für Frauen sind weiterhin gesellschaftliche Notwendigkeit. Sie können sich nicht öffnen, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. Wo immer begonnen wird, an dieser Exklusivität zu rütteln, werden Männer diese Möglichkeit in ihrem eigenen Interesse nutzen. Der primäre Vorwurf ist nicht, dass alle die Frauenräume inklusiver gestalten wollen, sie mit dem Ziel einer männerbestimmten Gesellschaft unterwandern wollen würden.
Jedoch kann eine starke Frauenbewegung niemals ihre eigenen Interessen hintanstellen, wenn sie in ihren Anliegen ernstgenommen werden möchte. Solange Frauen Schlechterbehandlung und Gewalt droht, gleicht die Aufforderung an Feministinnen, auch andere Interessen zu vertreten, der Aufforderung zur Selbstbeschneidung. Wieder sollten Frauen zusätzliche Aufgaben übernehmen, statt zumindest im Kampf gegen die eigene Schlechterstellung selbstbestimmt zu bleiben. Dass das nicht erfolgreich sein kann, liegt eigentlich auf der Hand. Denn einmal mehr würden dabei die Anliegen der Frau in der Masse untergehen.
Heute ist es aber eben genau diese Argumentation, die in jahrzehntelanger Arbeit geschaffene Frauenfreiräume in Gefahr bringt. Frauenfreiräume seien nicht inklusiv genug. Dabei ist das genau das Ziel dieser Räume. Sie sollen nicht inklusiv sein, sie sollen alle Personen exkludieren, die keine Frauen sind.
Unterdrückung lässt sich nicht „wegreden“
Mittlerweile wird Geschlecht immer wieder als eine Frage der Selbstzuschreibung verstanden. Selbst oder vielleicht eher vor allem im universitären Bereich wird die Debatte um Geschlecht und Identität ad absurdum geführt und mündet gern in linguistische Zerfleischung, die reale Unterdrückungsmechanismen ignoriert. Doch die Unterdrückung der Frau fußt nicht auf der Definition ihrer selbst, sondern ist tief verwurzelt in ihrem Körper. Einer Tatsache, die sich nicht wegsprechen lässt. Würde man das verneinen, so wäre es folglich die persönliche Schuld einer jeden einzelnen Frau, wenn sie individuell Unterdrückung erfährt.
Es ist sinnlos, Kategorien die unsere Gesellschaft faktisch prägen zu dekonstruieren und so zu tun, als existierten sie nicht. Dabei werden nämlich nicht die gesellschaftlichen Strukturen samt einhergehender Diskriminierung aufgelöst, sondern bestenfalls verschleiert. Schlimmstenfalls geraten bisherige Errungenschaften der Frauenbewegung in Gefahr. Durch die Infragestellung von Geschlechtskategorien ergeben auch Quoten, Statistiken und Räume spezifisch für Frauen keinen Sinn mehr.
Das heißt nicht, dass andere Freiräume und Kämpfe deshalb sinnlos oder nicht wert wären zu kämpfen. Jedoch sollten diese Kämpfe im Sinne einer freien Gesellschaft für alle nicht auf Kosten von Frauen gehen.
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