Rechtssystem

Das sogenannte biologische Geschlecht, meist bereits im Zuge von Vorsorgeuntersuchungen festgestellt, bestimmt das juristische Geschlecht. Wird der rechtliche Geschlechtsbegriff verwischt, baut er auf persönlichen Wahrnehmungen und gefühlten Identitäten auf. Paradoxerweise entsteht durch die Entfernung des Geschlechts als klarer Begriff gleichzeitig die Verfestigung von Rollenbildern.


Überblick

Ist es ein Mädchen? Oder ist es ein Bub? Das Geschlecht eines Kindes erfahren Eltern häufig schon vor der Geburt im Lauf von Vorsorgeuntersuchungen. Dieses sogenannte biologische Geschlecht bestimmt das juristische Geschlecht. Wer weiblich geboren wurde, ist juristisch eine Frau und wird mit dem Eintrag „weiblich“ im Zentralen Personenstandsregister erfasst.
So war es in Österreich bis zum Jahr 2018.

Mit einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes steht in Österreich seither intersexuellen Personen ein dritter Geschlechtseintrag zur Wahl. Menschen mit einer diagnostizierten Variation der Geschlechtsentwicklung können zwischen „offen“, „inter“, „divers“ und  ohne Geschlechtseintrag auswählen. Diese angeborene, oft genetisch bedingte Kondition betrifft geschätzt ein halbes Prozent der Gesamtbevölkerung. 

Transsexuelle Menschen gehören zwar körperlich eindeutig einem Geschlecht an, fühlen sich aber dem Gegengeschlecht zugehörig. Diese Personen können unter bestimmten Voraussetzungen ihr juristisches Geschlecht ändern lassen. Eine geschlechtsangleichende Operation ist dafür nicht mehr notwendig.

Der dritte Geschlechtseintrag ist Trans-Personen ausdrücklich nicht erlaubt. Sie können nur zwischen männlich und weiblich wählen. Auch Personen, die sich als „nicht-binär“ bezeichnen, sich selbst weder als Frau oder Mann fühlen, steht dieser Personenstandseintrag laut Bundesgesetz nicht offen. 

Wo liegt das Problem?

Wenn es nach dem Willen der „Initiative Genderklage“ geht, wird der Geschlechtseintrag auf Wunsch vollkommen aus dem Zentralen Personenstandsregister entfernt. Mit diesem Ziel befindet sich derzeit die Klage einer Einzelperson auf dem Weg zu den Höchstgerichten.

Das Verwaltungsgericht Wien hat kürzlich einer Bescheidbeschwerde derselben Person stattgegeben und ihren Geschlechtseintrag im Zentralen Personenstandsregister auf „nicht-binär“ geändert. 

Diese Verwischung des rechtlichen Geschlechtsbegriffs baut, inspiriert von der aktuellen Genderdebatte, auf persönlichen Wahrnehmungen und gefühlten Identitäten auf. Paradoxerweise entsteht durch die Entfernung des Geschlechts als klarer Begriff gleichzeitig die Verfestigung von Rollenbildern. Dabei war es ein Ziel der Gesellschaftspolitik der vergangenen Jahrzehnte, traditionelle Vorstellungen von Geschlechterrollen aufzubrechen. 

Siehe auch unseren Beitrag Frauenräume können sich nicht „öffnen“

Gesetzestext Änderung Geschlechtszugehörigkeit

Relevante Auszüge – der gesamte Gesetztestext ist unter österreich.gv.at abrufbar.

Voraussetzungen Transsexualität

Eine geschlechtsangleichende Operation ist für eine Änderung des Geschlechts in Österreich keine Voraussetzung.

Nach der höchstgerichtlichen Judikatur im Zusammenhang mit Transsexualität ist für die Änderung des Geschlechtes ein irreversibles Zugehörigkeitsempfinden zum anderen Geschlecht und eine deutliche Annäherung an das äußere Erscheinungsbild des anderen Geschlechts gefordert (VwGH 15.09.2009, 2008/06/0032, VwSlg 17746 A/2009). Dies kann in aller Regel nur durch Einholung eines Sachverständigengutachtens ausreichend geklärt werden.

Voraussetzungen Intersexualität

Mit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs wurde festgestellt, dass es eine weitere, vom männlichen und weiblichen Geschlecht biologisch verschiedene Geschlechtskategorie (Intersexualität) gibt. Diese intersexuellen Personen haben ein Recht auf Eintragung ihrer Geschlechtskategorie (= sog. „3. Geschlecht“) im Personenstandsregister (VfSlg 20258/2018).

Für die Eintragung der Geschlechtskategorie stehen die Begriffe „divers“, „inter“ oder „offen“ zur Verfügung. Weiters ist auch eine Streichung des Geschlechtseintrags möglich.

Nach den Vorgaben der höchstgerichtlichen Judikatur kann ein Antrag auf Eintragung einer intersexuellen Geschlechtskategorie unter folgender Voraussetzung bewilligt werden:

Vorlage eines Fachgutachtens mit der Darlegung, dass das Geschlecht der antragstellenden Person auf Grund ihrer chromosomalen, anatomischen und/oder hormonellen Entwicklung weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugeordnet werden kann.

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